S-Bahnhog Buch

„Ich bin eine Bucherin“

Professorin Simone Spuler, Leiterin der Arbeitsgruppe „Myologie“

Ossis denken erst und sprechen dann. Wessis hangeln sich vorwärts, selbst wenn sie dabei nicht immer richtig liegen.
...es sollte eines der unglaublichsten, unvergesslichsten Wochenenden werden, dass ich je erlebt habe.
Simone Spuler
Simone Spuler Leiterin der Arbeitsgruppe „Myologie“

Ich bin „Wessi“ und ohne Verbindungen in die DDR aufgewachsen. Nur mein Geschichts- und Politiklehrer in der Oberstufe war aus der DDR geflüchtet und sehr kritisch.

Im August 1989 hatte ich gerade zwei Postdoc-Jahre in San Diego an University of California beendet und war nach München gezogen. Mein Bruder Achim wechselte nach seinem Master am MIT in Boston für die Doktorarbeit an die Berliner TU. Am 30. August haben wir telefoniert: „Achim, lass uns doch vor Weihnachten in Berlin treffen, um ein bisschen zu quatschen und Geschenke für unsere Eltern zu kaufen!“ „Ok, was ist mit dem zweiten Novemberwochenende?“ Und so kam es dann: Ich hatte also für den 10. November, einen Freitagmorgen, lange vor den Ereignissen einen Flug gebucht – und es sollte eines der unglaublichsten, unvergesslichsten Wochenenden werden, dass ich je erlebt habe.

10 Jahre später, im April 1999 übersiedelte ich selbst nach Berlin – als verheiratete Mutter zweier kleiner Kinder mit einem zum Umzug bereiten Ehemann. Ich unternahm in dieser unbekannten Stadt vorsichtige erste Schritte, ganz auf den Westen ausgerichtet und, was die Arbeit anging, auf den Charité Campus Virchow beschränkt.

20 Jahre später, im Juli 2009, bewilligte mir die DFG zwei wunderbare koordinierte Programme (KFO192 and IGK1631 MyoGrad), was mich allerdings auch zwang, in ein heruntergekommenes DDR-Gebäude nach Berlin-Buch umzuziehen – ans Experimental and Clinical Research Center, wo mich  Ambitionen im Bereich translationaler Forschung  und ein hohes Maß an „Geheimpolitik“ erwarteten, die mir vollkommen unbekannt war. Jahrelange Versuche, „blühende Landschaften“ für mein „Muskel“-Team zu schaffen, hat Enttäuschungen, aber auch sichtbare Fortschritte gebracht.

30 Jahre später, im September 2019: Ossis denken erst und sprechen dann. Wessis hangeln sich vorwärts, selbst wenn sie dabei nicht immer richtig liegen. Das wichtigste ist, Sinn für Humor zu haben. Vieles ist gut. „Ich bin eine Bucherin.“

 

© Christina Anders, MDC