Lydia Dyck

Das Versteckspiel des Tumors beenden

Die Krebsimmunologin Lydia Dyck hat im September ihr Marie-Curie-Postdoktorandenstipendium am MDC begonnen. Sie will neue Wege finden, wie das Immunsystem Krebszellen erkennen und eliminieren kann. Oft verstecken sich Tumore vor der Körperabwehr.

„Ich entdecke gerade wieder die vielen Sorten Brot, nachdem wir jahrelang nur Toastbrot hatten“, sagt Dr. Lydia Dyck und lacht. Zehn Jahre lang forschte die Krebsimmunologin am Trinity College in Dublin. Aufgewachsen ist sie jedoch nahe Bielefeld. Nun ist sie nach Deutschland zurückgekehrt: Im September 2021 hat sie ein Marie-Curie-Postdoktoranden-Stipendium in der Arbeitsgruppe für Molekulare Immunologe und Gentherapie von Professor Thomas Blankenstein am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) aufgenommen.

Dyck möchte hier herausfinden, wie bestimmte Immunzellen, die T-Zellen, Krebszellen erkennen und beseitigen können. In Gesunden schützt genau diese Aufräumaktion der Körperabwehr vor der Entstehung einer Geschwulst. In Krebskranken aber versteckt sich der Tumor und blockiert sogar das Immunsystem.

Wie der Krebs die Körperabwehr manipuliert

Wir können die Treg blockieren & damit die Bremse für die übrigen T-Zellen lösen. Dann können diese in Experimenten Hautkrebs- & Darmkrebszellen wirksam bekämpfen.
Lydia Dyck
Lydia Dyck Marie-Curie-Postdoktoranden-Stipendiatin

Die zugrunde liegenden Mechanismen hat Dyck in ihrer Doktorarbeit und der anschließenden Post-Doktorandenphase bereits untersucht. „Die Krebszellen benutzen sogar bestimmte Immunzellen, die regulatorischen T-Zellen, kurz: Treg, um andere T-Zellen von sich fernzuhalten.“ Diese Treg sammeln sich im Krebsgewebe.

„Wir können aber wiederum die Treg blockieren und damit die Bremse für die übrigen T-Zellen lösen. Dann können diese in Experimenten Hautkrebs- und Darmkrebszellen wirksam bekämpfen“, schildert Dyck. Auf diesem Mechanismus beruht etwa der bewährte Antikörper Nivolumab, der derzeit gegen verschiedene Krebsleiden, insbesondere bei fortgeschrittenem Lungen- und Hautkrebs, eingesetzt wird.

Übergewicht macht auch das Immunsystem träge

Entscheidend für die Wehrhaftigkeit des Immunsystems sei aber der gesamte Stoffwechsel, betont Dyck. In den letzten Jahren hat sie den Zusammenhang zwischen Übergewicht und Krebs untersucht. Bekannt ist, dass zu viele Pfunde das Risiko für viele Krebserkrankungen deutlich erhöhen. Dyck hat verschiedene Mechanismen entdeckt, die erklären, woran das liegt. „Dieses junge Feld des Immunmetabolismus, also der Wechselwirkung zwischen Immunologie und Stoffwechsel, ist enorm spannend“, sagt sie.

Bei Übergewicht sind die natürlichen Killerzellen, die die Krebszellen schließlich abräumen, unterdrückt. „Und auch die T-Zellen, die gegen den Krebs vorgehen könnten, sind nicht so aktiv. Das werde ich demnächst zur Veröffentlichung einreichen.“

Das Immunsystem gegen den Tumor richten

Lydia Dyck

In den kommenden zwei Jahren möchte Dyck genauer verstehen, welche Rolle der Stoffwechsel auf die T-Zell-Antwort gegen Krebs spielt und wie T-Zellen Krebszellen überhaupt erkennen und schließlich an sie binden können. „Im Blankenstein-Labor gibt es dafür ein Mausmodell mit humanisierten T-Zellen. Das eignet sich perfekt, um diese Zusammenhänge zu untersuchen“, sagt sie.

T-Zellbasierte Krebstherapien werden aktuell weltweit intensiv erforscht, nachdem es bemerkenswerte Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien bei sonst unbehandelbaren Leukämien und Lymphomen gab. Zwei entsprechende Präparate auf Basis von gentechnisch veränderten T-Zellen, die gegen Krebszellen vorgehen, sind in der EU seit 2018 zugelassen. Blankenstein entwickelt gemeinsam mit Kolleg*innen T-Zell-Therapien, die unter anderem gegen solide Tumore eingesetzt werden sollen.

Dyck ist sich bewusst, dass sie sich in einem hochaktuellen Forschungsgebiet der Krebsmedizin bewegt: „Es wäre toll, dazu beizutragen und etwas Interessantes herauszufinden, das sich in einem guten Journal veröffentlichen lässt“, sagt sie und mit Blick auf ihre berufliche Zukunft: „Ich hoffe auf eine unabhängigere Position in der akademischen Forschung nach diesem Stipendium.“

Text: Susanne Donner

 

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